Displaced Persons
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Leben im Heim

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Beitrag  something Sa Sep 15, 2007 9:55 am

In diesem Thread beschreibe ich in Form von Momentaufnahmen Erfahrungen, die ich als Pfleger in einem Heim mache. Ich will mich dabei auch dem eigentlich Unvorstellbaren nähern: Wie erlebt ein alter Mensch im Heim sich selbst und seine ihn umgebende Welt ?
Eugen


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Beitrag vom Mittwoch, September 12, 2007 @ 14:32

lieber Eugen, finde ich gut das du auch aus Sicht des Pflegers aus eurem Heim berichten willst.
nur zu.
liebe Grüße Petra

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Beitrag vom Donnerstag, September 13, 2007 @ 23:33

Lieber Eugen,
auch ich finde es gut, genau wie Petra das Du uns vom dem Leben im Heim berichten willst, ich bin schon sehr gespannt auf Deine Beiträge!
Liebe Grüße Angela

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Leben im Heim Empty 15.09.07

Beitrag  something Sa Sep 15, 2007 11:53 pm

Im Tagesraum auf der 7 ist es immer still, wenn ich mal dorthin komme. Die Bewohner sitzen allzeit stumm um den Tisch herum. Kein Radio, kein TV, keine Schallplatte. Heute bin ich für einige Minuten dort. Unter den CD's von Roy Black und Heino ff find ich eine von Zarah Leander. Ich frage in die Runde, ob jemand Zarah Leander hören will. Keine Antwort. Ich frage, ob jemand Zarah Leander kennt. Frau N sagt klar und deutlich: Ich nicht ! Ich leg die Scheibe trotzdem rein, verhaltene Lautstärke. Nach einigen Takten beginnt Frau N mit sanfter Stimme mitzusingen. Eine weitere Bewohnerin nimmt einen Augenblick später den Gesang auf... .


Die Tochter von Frau N hat es nicht mehr ausgehalten und ihre Mutter zurück nach Hause geholt. Frau N saß jeden Tag an derselben Stelle im Tagesraum. In einem Fixierstuhl, aus dem sie sich nicht selbst befreien konnte. Sie rief ohne Unterlass: N, wann kommst Du und nimmst mich an die Hand ? Manchmal betete sie auch das Vater Unser. Herr, vergib uns ... . Stundenlang. Um sie aus ihrer nervösen Unruhe zu befreien hatte der Facharzt einen flächendeckenden Mix an Neuroleptika verordnet. Noch gesteigert als Bedarfsmedikation. Mit dem Ergebnis, dass Frau N noch verrückter wurde, aber motorische Bewegungen kaum mehr zielgerichtet ausführen konnte: Das Essen nun oft angereicht werden musste. Ich habe die Tochter von Frau N heute angerufen und ihr meine Hilfe angeboten... .

Eugen

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Beitrag  Angela So Sep 16, 2007 12:19 am

Hallo lieber Eugen,

ich finde es sehr gut das Frau N`s Tochter ihre Mutti wieder mit nach Hause genommen hat, ich könnte es auch nicht aushalten, wenn ich meine Mutti so sehen würde! Und mit Deiner Hilfe wird sie es auch schaffen, denn auf Dich kann sie sich ja auch total verlassen, und das wird ihr auch die nötige Kraft geben! Das Du Musik angestellt hast finde ich sehr gut, da kommen die alten Leutchen wenigstens mal für eine gewisse Zeit auf andere Gedanken!
Schade das es nicht viele solche Pfleger gibt wie Dich, da könnte es vielen die in Heimen leben müssen besser gehen!


Liebe Grüße Angela
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Beitrag  petra So Sep 16, 2007 9:41 pm

lieber Eugen, ich finde es auch schön das die Tochter von Frau N. sich eines besseren besonnen hat und ihre Mama aus dem Pflegeheim geholt hat, ich würde selber verrückt werden wenn ich meine Mama so sehen würde und es ist auch sehr schön das du der Tochter deine Hilfe angeboten hast, das wird der Tochter sicherlich ein gutes Gefühl geben, wenn sie weiß im Notfall kann sie dich anrufen.

Und Musik auf eine sonst ruhige Station zu bringen finde ich eine gute Idee zumal du dann die Lieder aufgelegt hast die sie alle im Laufe ihres Lebens schon gehört haben.
Ja ich finde es auch schade das es nicht mehr Pfleger von deiner Sorte gibt, die in den Menschen nicht nur Nummern sieht, sicher hast du den Menschen im Tagesraum 7 einen große Freude gemacht.

liebe Grüße Petra
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Beitrag  something Mo Sep 17, 2007 3:22 pm

Frau N wird oft als Querulantin wahrgenommen. Sie glaubt das Personal ließe sie warten, wenn sie Hilfe braucht. Mit Hilfe ihrer Angehörigen beschwert sie sich deshalb immer wieder bei der Leitung. Ein minutiöses Verlaufsprotokoll über die erfolgten Einsätze wurde angelegt. Um schwarz auf weiss nachweisen zu können, dass aller angemeldete Bedarf pünktlich erledigt wurde.


Als Frau N abends wieder nach mir klingelt, bewegt sie sich gerade mit nacktem Oberkörper mit ihrem Rollstuhl ins Bad. Ich glaube, sie hat dort noch einige Dinge selbstständig zu erledigen und verschwinde für einige Minuten zu einem anderen Bewohner :'Bitte einige Minuten Geduld'. Nach zehn Minuten bin ich wieder bei ihr. Frau N ist außer sich: 'Unglaublich, wie hier mit einem Menschen umgegangen wird!', 'Wie Vieh werde ich behandelt !'. Tatsächlich wartete sie schon die ganze Zeit auf meine Hilfe und hatte nicht mitbekommen, dass ich nochmal kurz raus bin.


Obwohl unser Verhältnis den ganzen Tag über freundlich gewesen war, reagiere ich sofort sehr verärgert. 'Wenn es ihnen nicht passt, kann ich ja gehen !' oder 'Dann beschweren Sie sich doch'. Mein Lächeln ist verschwunden. Frau N beginnt zu weinen. Es braucht einige Zeit, um zu verstehen, dass es sich um ein Missverständnis handelte.


Frau N hatte bis vor wenigen Jahren eine leitende Position inne. Bis sie beide Beine verlor. Und es sie in unser Heim verschlagen hatte. Nehme auch ich eine 80cm große Person, die mit ihrer Verzweiflung doch irgendwo hin muss, als Querulantin wahr frage ich mich ?


Eugen

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Beitrag  something Mo Sep 17, 2007 3:31 pm

Liebe Angela,


ob ich der Frau N und ihrer Tochter helfen kann, wird sich noch rausstellen. Wir haben abgemacht, dass ich sie zuhause aufsuche. Die Tochter hatte sehr impulsiv gehandelt und nur wenig war vorbereitet. Es wird sicher schwer werden für die beiden. Mir schwebt erstmal nur ein beratendes Gespräch vor. Über das, was geht und was nicht. Wichtig dabei auch eine kritische Sichtung der Psychopharmaka. Vielelicht biete ich an, eine Übergangspflege zu übernehmen.


Liebe Petra,


ich glaube, viele Pflegepersonen könnten großartig sein, wenn sie dafür Unterstützung und den nötigen Raum bekämen.


Bis dann, Eugen

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Beitrag  Angela Mo Sep 17, 2007 8:50 pm

Lieber Eugen,

als ich meine Mutti damals zu uns nahm, war auch mein erster Weg zu unser Hausärztin um die Medikamente überprüfen zu lassen, die von ihrem vorherigen Arzt bekommen hat, und das war nicht wenig, da er auch dachte mit Beruhigungsmitteln geht alles besser, aus diesem Grund war auch der Arztwechsel! Er hatte ihr damals Halloberitol verschrieben, und ich habe festgestellt, das dadurch ihr Zustand und ihre Unruhe immer schlimmer wird, er sagte mir, mit solchen Nebenwirkungen müssen sie Leben! Das wollte ich aber nicht, wir haben dann die Medikamente abgesetzt, und meiner Mutti ging es dadurch wieder viel besser! Ich habe bei ihr auch die ganzen Jahre darauf verzichtet, lieber habe ich dafür weniger Schlaf in Kauf genommen, aber ich würde behaupten das diese Lösung, für meine Mutti doch die bessere war.

Frau N und Ihrer Tochter wünsche ich, das sie das was sie sich vorgenommen haben, auch schaffen!
Aber ich denke schon, denn mit Deiner Hilfe, kann ja eigentlich gar nichts schief gehen!

Liebe Grüße Angela
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Beitrag  petra Di Sep 18, 2007 10:29 am

lieber Eugen, du fragst ob auch du Frau N als Querulantin wahr nimmst ? Ich denke mal nicht, denn ich weiß das für dich an erster Stelle die Person steht, das auch du mal ungehalten reagierst kann ich indes verstehen, du machst einen 12 Stunden Tag im Heim, Frau N ist nicht die einzigste die deine Hilfe benötigt, du stehst unter Zeitdruck und wie du richtig bemerkt hast hast du für mehrere Personen die Verantwortung , denn niemand möchte vernachlässigt werden und bestimmt Sachen gehen dann auch mal vor Frau N. Aber ich kann auch Frau N verstehen, jahrelang hat sie bestimmt wo es lang geht, hat ein selbstbestimmendes Leben geführt und auf einmal findet sie sich wieder abgeschoben ins Heim , hilflos in einem Rollstuhl, und was das schwerste für sie sein wird, angewiesen auf Hilfe, sie kann nicht erkennen das auch andere Menschen die Hilfe von euch Pflegern benötigt, was sie anmeldet ist ein Mangel und ein flehen nach mehr Aufmerksamkeit. Nur das sie es auf eine andere Art ausdrückt, indem sie euch beschuldigt euch nicht genügend um sie zu kümmern, und anstatt das die Angehörigen sich über euch beschweren, hätten sie ihr nur etwas mehr Zeit widmen müßen um ihr das Gefühl zu geben, wir sind immer noch für dich da.
Ich finde es schön das die Tochter sich eines besseren besonnen hat und ihre Mutter nach Hause genommen hat, sicherlich wird es nicht einfach für die beiden und ob sie es schaffen weiß heute noch keiner, aber der erste Schritt ist getan, Frau N. Tochter möchte die Verantwortung für ihre Mutter übernehmen und wenn sie das ernsthaft will finden sich immer Mittel und Wege und Frau N. Tochter wird auch sicher froh sein, das du ihr deine Hilfe angeboten hast, denn auch sie wird sich ziemlich alleine mit den Problemen fühlen, die ein pflegebedürftiger Mensch mit sich bringt .
Liebe Grüße eure Petra
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Beitrag  something Di Sep 18, 2007 1:35 pm

Eine Altenpflegerin reagierte mit folgenden Zeilen auf die Mindestforderungen die Claus Fussek an Heime stellt (bezogen auf ihren gegenwärtigen Arbeitsplatz) wörtlich:

Es ist nicht möglich , dass einem sterbenden Bewohner die Hand gehalten wird.

Es ist nicht möglich, dass sich jemand mal 10 Minuten ans Bett setzt und mit den oft verzweifelten Bewohnern spricht.

Es ist nicht möglich, dass die Bewohner 1 x in der Woche an die frische Luft kommen .

Es ist nicht möglich, dass die Bewohner ein Vertrauensverhältnis zu den Pflegekräften aufbauen, da diese ständig wechseln.

Es ist nicht möglich, dass qualifizierte Gespräche mit Angehörigen geführt werden.

Es ist nicht möglich , dass jemandem mal einfach 10 Minuten was vorgelesen wird, zugehört wird oder einfach jemand da ist.

Es ist nicht möglich , dass auch nur ein Mindestmaß an sozialer Zuwendung stattfindet.

Es ist nicht möglich , dass die Akten der Pflegedokumentation korrekt geführt werden.

Es ist nicht möglich , dass die Bewohner wöchentlich gebadet werden.

Es ist nicht möglich , dass die Bewohner in angemessenen Zeitabständen gelagert werden, zur Verhinderung von Dekubitus.

Es ist nicht möglich , dass mit Bewohnern Bewegungsübungen gemacht werden, zur Verhinderung von Kontrakturen.

Es ist nicht möglich , ein verschmutztes Bett unverzüglich zu beziehen.

Es ist nicht möglich , jemanden bei Bedarf schnell zur Toilette zu führen.

Es ist nicht möglich , wenn jemand klingelt, binnen 10 Minuten dort zu sein.

Es ist nicht möglich , in einer ruhigen Atmosphäre und in angemessener Geschwindigkeit dem Bewohner Nahrung einzugeben.

Wie soll dies auch gehen, wenn für 35 Pflegefälle nur 3 Kräfte pro Schicht da sind? Das heißt für jeden 12 Pflegefälle zu versorgen. In der ambulanten Pflege werden Angehörige bewundert, die über Jahre hinweg einen Angehörigen pflegen. Wir sollen dies bei 12 Menschen machen. Das regt zum Überlegen an. Auch unter der Berücksichtigung, dass wir ausgebildet sind, ist dies ein Unding. Alle diese Dinge haben wir in der Ausbildung gelernt. Ich selbst habe früher im Büro gearbeitet und habe mich bewusst für die Altenpflege entschieden. Ich habe während meiner Ausbildung viele wertvolle Anregungen bekommen, wie man für die Betroffenen den Heimaufenthalt, der die letzte Stufe des Lebens darstellt, angenehm gestalten kann. Es wurde von Duftölen, basaler Stimmulation, Entspannungsübungen, von bewohnerorientierter Pflege, den Bewohnerbedürfnissen, von gymnastischen Übungen, von psychologischer Betreuung gesprochen. Leider ist NICHTS von alle dem auch nur im Ansatz anwendbar. NICHTS! Warum haben wir es gelernt??? Wie man Windeln wechselt und jemanden den Löffel in den Mund schiebt, dazu genügt ein Wochenendkurs."

Quelle: pflege-shv

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Beitrag  petra Mi Sep 19, 2007 11:05 am

hallo ihr Lieben, ich weiß immer noch nicht was ich dazuschreiben soll oder denken soll, hab es gestern gelesen und bin erstmal wieder rausgegangen um das erstmal auf mich wirken zu lassen,aber selbst heute fehlen mir noch die Worte, auf 12 schwer kranke Patienten kommt eine Pfleger, unfassbar für mich und diese Pfleger sind dann auch noch heillos überlastet , was für eine Schande , da kann ich nur sagen armes Deutschland und ich hoffe das weder meine Mama noch jemand aus unserer Familie je in ein Heim muß.

Entsetzt Petra
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Beitrag  Irmi Mi Sep 19, 2007 1:51 pm

Grüß euch alle,

mir erging es gedau so. Diese Gedanken sind fast nicht zu ertragen. Das war auch mit der Grund warum ich meine Mom zu mir nahm.

Ich frage mich ständig, wie und wann wird sich etwas ändern?? Ich stehe hilflos davor.

Hoffentlich ergeht es mir nie so!

Eine vor der Zukunft ängstiliche
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Beitrag  something Mi Sep 19, 2007 3:14 pm

Liebe Angela, Irmi und Petra !


35 Bewohner auf 3 Pflegepersonen trifft ziemlich exakt die Verhältnisse in meinem Heim. Allerdings sind diese 3 nicht nur mit der Pflege beschäftigt. Denn es gibt ja noch die Küchenarbeit (von der ich Gott sei Dank weitestgend verschont bleibe ), die Dokumentation, Wäsche und Müll entsorgen, saubermachen... . Wenn nichts passiert - Sturz, Unfall, Entlaufen usw. - ist die Grundversorgung gerade noch zu schaffen. Das alles in einer 12 Tage-Woche und öfter mit über den Tag verteilten Dienst (Teildienst). Meine Beobachtung ist übrigens die, dass wenn mal etwas Luft ist, diese nur ganz selten zur Kommunikation bzw Begleitung mit den Bewohnern genutzt werden kann. Denn die Maschine läuft auf Hochdampf, weil der Stress verinnerlicht und damit chronisch wurde. Man agiert also gestresst auch dann, wenn es dafür keine unmittelbare äußere Notwendigkeit gibt. Begleitung eines Altern erfordert aber, dass man sich dessen Bewegungsgeschwindigkeit und Aufnahmefähigkeit anpassen kann - indem man sich selbst herunterfährt.


Nein, Petra, in der Situation hatte ich die Frau N (für ca 10 Min) nicht als Person wahrgenommen. Tatsächlich werden die Alten im Heim von den Pflegekräften meiner Sicht nach als mehr oder weniger große Behinderung eines reibungslosen Arbeitsablauf wahrgenommen. Das ist sicher der entscheidende Maßstab. Gleichzeitig sind die Pflegekräfte praktisch mit nichts anderem beschäftigt, als die (somatischen) Bedürfnisse der Bewohner zu beantworten. Sie erleben sich selbst als ununterbrochen Helfende. Dass dennoch entscheidende psychische wie soziale Bedürfnisse der Bewohner auf der Strecke bleiben spüren sie zwar irgendwie, aber sie können dies nicht anerkennen. In ihrer Selbstwahrnehmung arbeiten sie bereits am Limt und zwar [/i]für[i] die Bewohner - mehr geht einfach nicht. Die Anmeldung eines Mangels von Seiten der Bewohner, der Angehörigen oder der Öffentlichkeit erleben sie deshalb als eine Bestreitung ihres Sebstbildes. Was sie abwehren müssen, um überhaupt weitermachen zu können.


Ja, Angela, das hattest Du gut gemacht, das Haldol abzusetzen. Du hattest Deinen eignen Augen vertraut und nicht der Rationalisierung Deines Hausarztes. Wie oft ist dies der Fall, dass Neuroleptika genau die Symptome verstärken, die sie eigentlich abschwächen sollten. Aber oft wird dann allenfalls die Dosis erhöht.


Die Tochter von Frau N hat sich bisher nicht gemeldet. Schade.


Bis dann, Eugen

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Beitrag  petra Fr Sep 21, 2007 2:14 pm

lieber Eugen, ja finde ich auch schade das sich die Tochter von Frau N. nicht bei dir gemeldet hat, aber vielleicht wird sie es noch.

Das was du zum Tagesablauf in eurem Heim schreibst, erschreckt mich, ihr Pfleger seid heillos überlastet, ihr habt gar nicht die Möglichkeit euch mit den einzelnen Bewohnern zu befassen, den es geht darum das die Maschinerie weiter läuft, möglichst reibungslos, darum geht es nicht um den einzelnen Menschen, und meldet ein Bewohner mal ein Bedürfnis an kann es nicht beantwortet werden, weil andere Aufgaben auf euch warten, die ihr noch so nebenbei erledigen sollt, wie Küche, saubermachen, Wäsche ,Müll. Es macht mich auch ein Stück wütend, nicht auf euch Pfleger, sondern darauf das nicht das oberste Gebot der Mitbewohner ist, und ich denke wer den Beruf des Pflegers oder der Pflegerinnen wählt hat eherne Vorstellungen von seinem Beruf, und ja Eugen ich glaube auch das es viele großartigen Pfleger und Pflegerinnen gibt, denn reich wird wohl niemand in diesem Beruf,bei ihm wird vielleicht als Begründung gesehen, das er helfen will das er sich um ältere und kranke Menschen liebevoll kümmern will ihnen den Alltag noch schön machen möchte und was erlebt er wenn er wirklich Pfleger ist, eingebunden in ein riesiges Bollwerk in dem alles nach Zeit geht, nicht nach Menschlichkeit, ich denke ein Pfleger verliert als erstes seine Illusion. Und das dürfte einfach nicht sein. Und daran muß dringend was verändert werden.
Eure Petra
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Beitrag  something So Sep 23, 2007 2:21 pm

Liebe Petra,


die Schwäche des Pflegers sehe ich in seinem moralischen Imperativ. Denn alle wollen gute Pflege machen ! Hab noch nie jemand getroffen, der bloss nen Job machen wollte. Dass konventionelle, insbesondere stationäre Pflege überhaupt noch geht verdankt sich nur der Moral des Pflegers. Nicht den immer strikteren 'Qualitäts'kontrollen, den Standards, der Hierarchie, den vielen Anweisungen, die sich oft genug widersprechen oder nicht ausführbar sind. Schwäche insofern, als der Pfleger gerade durch seine Moral gehindert wird, das falsche System an die Wand fahren zu lassen oder sich anders zur Wehr zu setzen. Streik in einem Automobilwerk tut höchstens den Kaptaleignern weh, Streik in einem Altenheim würde jedoch jene gefährden, die man doch schützen will. Bei aller Pflegediskussion auf der Oberfläche verlässt sich die Gesellschaft tatsächlich genau darauf. Das ist die Bank, mit der sie kalkuliert.


Bis dann, Eugen

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Beitrag  petra Do Sep 27, 2007 2:29 pm

lieber Eugen, ja da stimme ich dir zu, wenn ihr für mehr Rechte für euch einsetzt oder gar in den Streik geht, sind diejenigen die darunter leiden werden, die Menschen die auf eure Hilfe angewiesen sind, aber so kann es doch auch nicht weitergehen, allerdings weiß ich auch keine Lösung, wie das zu bewerkstelligen wäre.......
Liebe Grüße deine Petra
petra
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Beitrag  something Do Sep 27, 2007 3:14 pm

Frau N hatte nach einer Hirn-OP offenbar ihr Kurzzeitgedächtnis eingebüßt. Davon weiss sie aber nichts. Ebensowenig wie von ihrer frisch operierten Oberschenkelhals-Fraktur. Von der damit einhergehenden Sturzgefahr und den Stürzen, die voraus gingen.


Die Vorgabe besteht darin zu verhindern, dass Frau N selbstständig läuft. Was sie jedoch immerzu versucht. Warum nicht mal raus in die Sonne, wenn sie denn mal scheint ? Warum nicht mal die Beine vertreten ? Warum nicht mal ans Fenster oder den Nachbartisch ? Bei einem Pflegeschlüssel von 1 : 12 ist es tatsächlich unmöglich, stets an Frau Ns Seite zu bleiben. Geschweige denn mit ihr mal in die Sonne zu wandern. Also wird versucht, sie abzulenken. In einen Sessel zu befördern mit einer Illustrierte in der Hand. Oder vor das TV. Was aber nicht lange vorhält.


Frau N versteht die Welt nicht mehr. Sie weiß nicht, warum sie bei uns ist. Weshalb sie beaufsichtigt wird. Gut gemeinte Erklärungen über Hirn-OP und Oberschenkelhals quittiert sie mit einem 'Ja, sicher...'. Und sieht aus den Augenwinkeln in einer Art herüber, die besagt, 'Redet mal nur - ich kauf euch die Lüge nicht ab'.


Mir sagt sie, nachdem ich ihr zum wiederholten mal erklärt habe, dass unsere Küche die des Wohnbereiches 6 ist, Teil des Haus XY, 'Ich fühle mich von Dir wie ein kleines Kind behandelt '. Ich bin sehr betroffen, weil ich das überhaupt nicht will. Es nicht so gesehen hab. Später setze ich mich zu ihr aufs Bett und versuche, ihre Gefühle zu erfassen: Sie fühlen Sich nicht ernstgenommen ? Nicken. Sie fühlen sich gemassregelt ? Nicken. Sie spüren, dass irgendwas nicht stimmt ? Nicken. Sie möchten nach Hause ? Nicken. ... . Ich lege meinen Arm um Frau Ns Schultern und drücke sie sachte.


Eugen

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Beitrag  Irmi Fr Sep 28, 2007 12:16 pm

Hallo ihr Lieben,

wenn ich so etwas lese, schnürt es mir den Hals zu und ich schnappe nach Luft.

Kann es denn nicht möglich sein, in Deutschland eine ganz andere Pflegeform auf die Beine zu stellen, wie die Unterbringung in ein Heim so wie bei Frau N.

Frau N. wäre meines Erachtens besser zu hause aufgehoben, da hat sie ihr gewohntes, dass ihr emotional ein kleines Stützkorsett gibt, so dass sie nicht gänzlich aus ihrem "alten" Leben rausfällt.

Gerade dieses 'Arbeitgebermodel', dass überwiegend für Menschen mit Handicap angewendet wird, sollte dringend bei unseren "Alten" Verwendung finden. Es müssten so publik sein, dass es fast jeder kennt, und somit wäre die Entscheidung -welche Pflegeform- für Mutter oder Vater um ein Vielfaches leichter, denn es gibt nun mal viele Angehörige, die zwar die Pflege übernehmen würden, aber absolut nicht können. Und oft bleibt dann nur noch die Unterbringung in ein Heim.

Eugen, woher nimmst du die Kraft in solchen Situationen????????

Euere Irmi
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Leben im Heim Empty Re: Leben im Heim

Beitrag  petra Fr Sep 28, 2007 1:44 pm

hallo ihr lieben,
ja ich weiß auch nicht was ich dazu schreiben soll, oder denken soll, denn es ist ja auch so das es nur ein Schicksal ist, das für sich selber schon schlimm ist, aber das ganze mal 100 ? x 1000?x 10 000?x 100 000? mal in Deutschland, denn ich denke jede Person kann eine eigene Geschichte erzählen, warum er abschoben wurde in ein Heim und viele davon haben gar keine Angehörigen und ihre Hilferufe verhallen ungehört, allein der Gedanke daran ist schrecklich für mich.......
eure Petra
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Leben im Heim Empty Re: Leben im Heim

Beitrag  something Fr Okt 05, 2007 1:09 pm

Kollegin N bittet mich, zum Abschluss noch zu Frau Meier zu schauen. Diese habe darum gebeten. Als ich das Zimmer betrete, liegt Frau Meier bereits im Bett. Die Decke bis an das Kinn gezogen. Tränen kullern über ihre Wangen. Ich setze mich zu ihr auf's Bett. 'Was ist los ?' 'Ich halte es nicht mehr aus', sagt sie mit leiser Stimme. 'Ich halte es nicht mehr aus in diesem Gefängnis, ich will zurück in mein schönes Haus'. Dieses ist gerade verkauft worden, aber davon weiss sie nichts. Ich finde keine Antwort darauf. Und streichle nur ganz vorsichtig über ihre Wangen, wische dabei ihre Tränen zur Seite.


Direkt im Anschluss schaue ich noch ins Nachbarzimmer zu Frau Schultz. Frau Schulz ist 90 und sieht wirklich blendend aus. Bis vor kurzem hatte sie selbstständig gelebt. Nach einem Sturz kam sie via Krankenhaus zu uns - wie so oft. Sie sagt, sie sei sehr überrascht, wie wohl sie sich im Heim fühle. Sie fühle sich gut versorgt und gut behandelt. Ich antworte, dass ich mich über diese Nachricht freue - denn dies sei hier im Haus nicht gerade eine Selbstverständlichkeit. Sie erzählt, sie habe nie lange an einem Ort gelebt, lebte lange im Ausland, war viel auf Reisen: 'Ich bin ein Zigeuner'. Deshalb würde sie auch nicht an ihrer früheren Wohnung kleben. Sie sei jetzt alt genug, bräuchte eben Hilfe und damit fertig. Ich wünsche ihr, dass dies so bleiben möge und verlasse irgendwie geplättet das Zimmer.


Ja, liebe Petra, es gibt niemand, der die Geschichte von Frau Meier hören will, der ihren Schmerz teilt. Erst wenn dieser sich in 'wahnhaften, sich selbst oder andere gefährdenden Äußerungen' mitteilt, wird reagiert - mit Medikamenten.


Liebe Irmi, ich glaube, viele Pfleger verbarrikadieren sich gegen das Unglück, dass sie nicht nur jeden Tag erleben, sondern ja auch selbst mit anrichten (müssen). Oft rationalisiert als professionelle oder 'realistische' Einstellung. Ich erleb mich auch selbst dabei, wie ich mich innerlich sperre. Den pflegebedürftigen Alten nicht mehr als Mensch wahrnehme. Was sich irgendwie einschleicht, ohne gewollt zu sein. Ja, wo kommt die Kraft her ? Meine Beobachtung ist, dass unglaublich viel Kraft aufgeboten werden kann, um Schlimmes auszuhalten. Und unglaublich wenig Kraft, um Schlimmes zu verhindern bzw die schlimmen Dinge zu ändern. Fast ein Hang zur Fatalität... .


Eugen

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Beitrag  Angela Fr Okt 05, 2007 4:09 pm

Lieber Eugen,

Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wieviel Hochachtung ich vor Deiner Arbeit habe! Wenn ich das so lese gerade was Du über Frau Meier schreibst, erkenne ich immer mehr, das ich Deine Arbeit, die so dringend gebraucht wird, nicht machen könnte! Ich gebe ganz ehrlich zu, warum ich dazu nicht in der Lage wäre, gerade in solchen Momenten die Du beschreibst, wäre ich selbst mit so unglücklich, nichts weiter tun zu können, wie kurz mal zu trösten, ich wäre nicht in der Lage, nach meiner Arbeitszeit, nach Hause gehen zu können und das gesehene zu vergessen! Ich glaube aber auch das es gerade Dir oftmals so geht, ich finde es aber großartig von Dir, wie lieb Du trotz der bemessenen Zeit, mit Deinen Bewohner im Heim umgehst, und immer ein offenes Ohr für Ihre Sorgen hast, ich wünschte es gäbe sehr viele Pfleger die so sind wie Du!

Ganz liebe Grüße Angela
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Beitrag  petra Sa Okt 06, 2007 2:27 pm

Lieber Eugen, ich stimme Angela in allem zu, auch ich würde es nicht aushalten jeden Tag das Unglück der vielen älteren Menschen zu sehen und was haben sie verbrochen um dort zu landen, nichts, außer das sie alt und krank geworden sind. Und so müßen sie drauf hoffen das sie einen Pfleger wie dich haben, der ihnen soviel Anteilnahme geben kann wie du und auch ich bewundere dich dafür. Aber ich denke auch das du und die anderen Pflegekräfte sich schützen müßen um nicht das ganze Leid an euch rankommen zu lassen, denn sonst würdet ihr an eurer Aufgabe auch scheitern, ihr müßt einfach eine gewisse Distanz wahren, sonst würdet ihr nicht mehr in der Lage sein, den alten Menschen bestmöglichst zu helfen. Ich kenne einen Rettungssanitäter, der bei der Bundeswehr arbeitet und nur gerufen wird wenn wirklich schlimmes passiert ist, er hat mir erzählt, das er abschalten muß und sich nur auf die Arbeit konzentrieren muß um Menschen das Leben retten zu können, würde er dann irgendwelche Gefühle hoch kommen lassen, würde er seine Arbeit nicht mehr optimal verrichten können und das wäre dann äußerst gefährlich, besonders für die Menschen denen er helfen muß. Und so wie er einen Weg gefunden hat, damit umzugehen, denke ich mal das es euch Pflegern auch so ähnlich geht, wenn ihr zuviel Gefühl einbringen würdet, wäret ihr schnell am Ende und das hilft keinem.

Liebe Grüße Petra
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Beitrag  something Mo Dez 03, 2007 1:02 am

In der letzten Zeit arbeite ich öfter im Heim. Und stelle merkwürdige Veränderungen an mir fest: Ich hab das Gefühl, ich verliere meine Person. Meine Präsenz. Meine Bodenhaftung. Meine Kontaktfähigkeit. Ich bewege mich unbeteiligt durch die Zimmer. Irgendwie wie im Halbschlaf. Die Alten stören mich nicht weiter. Ich spreche irgendwelche unangepassten Blasen. Gereizt reagiere ich jedoch auf jedwede emotionale Äußerungen. Ich sage und tue Dinge, die nicht zu mir passen. Ich widerspreche nicht Charakterurteilen über Bewohner - ein eklatanter Verstoß gegen meinen Ansatz. ZB Herr Griefensiek: Der morgens weinte und mittags tobte, auch gegen mich. Es hieß dann, der wäre bösartig. Manchmal weine er jedoch, aber nur aus schlechtem Gewissen. Dann fragte ich ihn doch noch, worüber er sich so sehr ärgert. Er sagt, ich habe ihn verraten. Ich bin betroffen. Denn er hat recht.

Liebe Petra,

ich denk, es ist fatal, die Pflegebeziehung, die ein ganzes Leben umfasst, wie eine Notfallanwendung zu organisieren. Im Gegensatz zu Deinem Rettungssanitäter, bei dessen Einsätzen es allein auf Handlungseffizienz ankommen kann, ist in der Pflegebeziehung gerade die emotionale Teilnahme am Gegenüber das, was die Beziehung als sinnvoll erlebbar macht. Oder besser: Was diese rechtfertigt.


Eugen

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Beitrag  petra Mo Dez 03, 2007 3:50 pm

lieber Eugen, ja du hast natürlich Recht, was ich meinte das Pfleger und Sanitäter gemeinsam haben ist das sie das Leid nicht mit nach Hause nehmen dürfen und immer eine gewisse Distanz wahren müßen, wenn sie nicht selber drauf gehen wollen, bei dem ganzen Elend.

Was du im Moment zu dir schreibst kann ich ein Stück weit nachvollziehen, ich denke du bist dabei abzustumpfen. Und nein das passt so gar nicht zu dir und es ist an dir diesen Kreislauf zu unterbrechen und wieder mehr auf die Menschen in eurem Heim zu zu gehen. Und einen Denkanstoß hat dir Herr Griefensiek schon gegeben , er fühlt sich von dir verraten , wie du schreibst zu Recht. Und du schreibst auch das du betroffen bist, was schon mal ein Schritt in die richtige Richtung ist, wie ich finde, denn es wird dich wach gerüttelt haben wie ich dich kenne.
Ich denke aber auch das deine eigene Erkrankung dir im Moment im Wege steht und du deshalb zur Zeit nicht in der Lage bist angemessen zu reagieren. Was sich mit Sicherheit wieder verbessern wird wenn es dir selber wieder besser geht. Du schreibst Herr Griefensiek weint, nur aus dem Grund weil er ein schlechtes Gewissen hat, wie kommst du darauf? Es gibt sicherlich viele Gründe warum Menschen weinen, weil sie einsam sind, weil sie nicht wissen wie es mit ihnen weitergeht, weil sie sich nicht akzeptiert fühlen oder einfach weil sie traurig sind.

liebe Grüße an alle Petra
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Leben im Heim Empty Re: Leben im Heim

Beitrag  Angela Mo Dez 03, 2007 5:42 pm

Lieber Eugen,

ich kann Petra bei dem was sie schreibt nur recht geben, ich würde aber noch so weit gehen und vielleicht sagen, wenn ich Dein Schreiben so lese, das Du Dir mal eine Auszeit nehmen solltest, um besser wieder mit Dir selbst klar zu kommen. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, das Herr Griefensiek, weint, weil er vielleicht traurig darüber ist, das derjenige, also Du, ihm nicht mehr so gegenüber tritt, wie er es von Dir immer gewöhnt war! Er hat vielleicht Angst alleingelassen zu werden! Um das Du wieder voll uns ganz für die Bewohner im Heim dasein könntest, wie sie es bei Dir gewohnt sind, wäre es für Dich sicher wichtig, erstmal all Deine Sorgen und Probleme zu lösen um wieder einen richtig guten Neuanfang zu starten um wieder so zu werden, wie Du eigentlich bist, sehr liebevoll und einfühlsam. Vielleicht denkst Du mal darüber nach, manchmal bewirkt eine kleine Auszeit Wunder. Ich wünsche Dir sehr, das Dir das gelingt und Du wieder der wirst, der Du eigentlich bist!

Viele ganz liebe Grüße an alle von
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Beitrag  something Di Dez 04, 2007 1:45 am

Hallo ihr Lieben,


bin sehr berührt von Eurer Anteilnahme ! Nein, ehrlich gesagt glaub ich nicht, dass es mir schlechter geht. Jedenfalls solange ich bewußt wahrnehme. Das ist sozusagen mein Ansatz in diesem Heim: Mit offenen Augen zu sehen - was ich natürlich auch auf mich beziehen muss. Irgendwie erleb ich mich hier selbst als Medium. Die Veränderung, die ich an mir wahrnehme wie zB das Abstumpfen, dieses fast Schlafwandlerische, erlaubt mir auch den Rückschluss auf das, was die eigentlich Betroffenen durchmachen müssen. Ich beweg mich allerdings auf die Frage zu, ob es bei meiner Rolle als 'telnehmender Beobachter' bleiben kann. Oder ob ich nicht doch auf faktische Veränderung drängen sollte. Auf jeden Fall hab ich dem Heim schon mal ne Fortbildung angeboten in personenzentrierter Pflege - die vorgeblich Standard ist, von der aber nicht ohne Grund niemand was wirklich weiß. Bin ja jetzt amtlich dafür zertifiziert.


Nein, das mit dem Weinen von dem Herrn Griefensiek ist falsch rübergekommen. Dass er aus schlechtem Gewissen weine war die Interpretation einer Kollegin - nicht meine. Ich kenne ihn schon lange und hab ihn immer gut verstanden. Würde ihn als meinen Freund bezeichnen. Er fühlt sich dort im Heim in der Falle und seine Ohnmacht, wieder herauszufinden, aber auch die Selbstverständlichkeit, mit der sein Leben schon vor dem Abgang beerdigt wird, macht ihn verrückt. Die Antipsychotika tun dann das ihre, nehmen ihm die Möglichkeit, irgendwie noch klar zu denken und zu unterscheiden. So tobt er dann gegen alles und jeden. Nur seine Pillen schluckt er weiterhin brav. Vor denen ich ihn beizeiten gewarnt hatte. Er hatte sich vor langen Jahren bei bester Gesundheit selbst ins Heim eingewiesen. Eine Vernunftsentscheidung... .


Eugen

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